Schönen guten Morgen zusammen und jetzt müsst ihr sagen „Morgääääähn Heeeeeer Holzmann“ oder so ähnlich. Sorry, aber ich hab‘ diese Woche mal wieder an der HfT unterrichtet, diesmal einen kompletten Tag und das auf Englisch, das hinterlässt Spuren. Und spätestens wenn ich mit „Dear Professor“ angesprochen werde, dann kommen in mir immer so Lehrer-Vibes auf.
Dieser Artikel sollte eigentlich „Geld vs Herz“ heißen, aber nachdem ich die letzten zwei Wochen so beschissen geschlafen, mein Hirn auf sämtliche erdenkliche Art und Weise gefickt wird und mir nicht selten den Schlaf raubt, halte ich das schlichtweg für passender. Zur Zeit passiert einfach so viel und das auf allen möglichen Ebenen, dass ich einfach nicht hinterherkomme. Meinem Kopf scheint es sehr ähnlich zu gehen und von meinem Herz fangen wir besser gar nicht erst an. Wobei genau das (momentan) der Leidtragende ist, oder heißt es die Leidtragende. Vielleicht ganz gut, dass das Substantiv Herz weder männlich noch weiblich ist, schließlich ist es für alle wichtig.
Wie dem auch sei, nach einer weiteren äußerst bescheiden Nacht, die ich diesmal weder auf Kind noch auf Frau oder/und die Katzen schieben kann, liege ich physisch entspannt auf der Couch und schreibe diesen weiteren therapeutischen Blogbeitrag. Ich bin erstaunlich gelassen, mein Brustkorb hebt und senkt sich gleichmäßig im Takt, eigentlich bin ich wach, aber auf Grund der letzten Tage und Wochen beschleicht mich mehr so eine innere Erschöpfung. Die letzten Wochen waren hart, extrem hart, und ich hatte zu Laura gesagt, wenn wir diesen Zeitpunkt erreicht haben, dann mache ich drei Kreuze, dem ist auch so. Aber auch oder vermutlich gerade weil der Druck aktuell etwas nachlässt, merke/spüre ich deutlich wie alles nach und nach verarbeitet wird. Wie mein Kopf mich in Schallgeschwindigkeit mit Reflektionen des Erlebten konfrontiert. Ganz ehrlich, das ist genau der Zeitpunkt, wo ich früher in meine nächste depressive Phase verfallen wäre und auch wenn mir bewusst ist, dass ich/man davor nie gefeit sein kann, weiß ich, dass ich mittlerweile anders damit umgehe. Ich bin gefestigter, habe ein sehr stabiles Umfeld, extrem viel Lebenswillen, Gründe zu leben, habe Optimismus getankt und zudem gelernt damit umzugehen und einen Weg für mich zu finden. Ob das ein Ausweg ist, das weiß ich nicht, vielleicht auch ein weiterer Umweg, aber zumindest sehe ich den Weg, was früher oftmals nicht gelang und habe ich mich noch so bemüht.
In dieser stressigen „Phase“ (ich hasse dieses Wort, nicht zuletzt weil bei der Kindererziehung in sämtlichen Ratgebern nahezu alles damit begründet wird), in der ich häufig zwischen 10 und teilweise bis zu 16 oder sogar 18 Stunden täglich gearbeitet habe, war eins meiner wenigen Ventile der Stadionbesuch. Nicht immer befriedigend, aber auf jeden Fall ablenkend, was mir in dem Fall sogar wichtiger war/ist. Doch auch in besagtem Neckarstadion (das wird es für mich immer bleiben, egal wie oft noch der Sponsor wechselt), schlug mir die Realität mit geballter Faust direkt in die Fresse. Hintergrund war/ist, dass es offensichtlich für Aufregung, verstörte Blicke und teilweise Kopfschütteln führt, wenn man sich dazu entscheidet einen „FCK AFD“ Button an sein Revers zu heften. Ich stehe dazu, bleibe stabil und ich bin heilfroh, dass die Zeiten vorbei sind, in denen man im Stadion offensichtlich dem rechten Gesocks ausgeliefert ist. Ich bin auch überzeugt davon, dass nicht alle Personen rechts sind, die mir da mit Unverständnis begegneten. Ich meine sogar in einigen Gesichtern lesen gekonnt zu haben, dass man mir mit der Aussage zustimmt, aber es eben für sehr „mutig“ empfindet, sich in diesem Umfeld dazu zu bekennen. Das mag sein und vielleicht fange ich mir dafür auch mal eine ein, weil der Rechtrucks (in Deutschland) einfach zunimmt, aber ganz ehrlich, das ist es mir wert, kommt doch ihr Penner! Keinen Fußbreit den Faschist*innen (ganz bewusst gegendert).
Doch darum soll es heute nicht gehen, wobei darum geht es eigentlich immer. Gerade in Zeiten, in denen der Rassimus salonfähig(er) gemacht wird und ein minderbemittelter, homophober, sexistischer, rassistischer, machtgeiler, verurteilter Straftäter und grenzdebiler weißer alter Mann ganz offiziell zum Präsidenten gewählt wird, muss man sogar dafür einstehen.*IMAO – So oder so liefert es mir die Überleitung, wenn nicht sogar die Steilvorlage, zu den folgenden Zeiten, denn es geht um Empathie.
Für mich ist es Gang und Gebe, dass ich zumindest versuche mich in andere Personen reinzuversetzen. Vieles trage ich für mich persönlich und im stillen Kämmerlein aus, aber manches teile ich eben auch mit bzw. im World Wide Web, so wie jetzt. Bei mir im Büro finden gerade massive Umstrukturierungen statt und auch wenn gesagt wird, dass sich da nicht so viel ändert, ist dem schlichtweg nicht so, es ändert sich extrem viel. Und das ist einer der Gründe für meine schlaflosen Nächte, ich weiß nur sehr bedingt was mich erwartet. Ich bin Veränderungen gegenüber grundsätzlich positiv gesonnen, aber würde zumindest gerne in den Prozess mit einbezogen werden, was hier in meinen Augen nicht passiert. Es werden Personen bestimmt für andere Personen eine Entscheidung zu treffen und das halte ich für schwierig. NIcht zuletzt, weil besagte Personen, über die hier bestimmt wird, Verantwortung für andere Personen haben und damit auch ein pesönlicher Anspruch einhergeht. Natürlich kann im Vorfeld nicht jede(r) einzelne in den Prozess einbezogen werden, bei einem Unternehmen mit über 5.000 MItarbeiter*innen ist das schlichtweg unmöglich. Und ich bin mir auch sicher, dass die Protagonist*innen hier nach bestem Wissen und Gewissen entscheidenI. Im besten Fall sogar danach handeln, aber wer bleibt auf der Strecke, der Mensch. Das ist eine traurige Erkenntnis, nicht nur für mich. Vielleicht gehört das auch einfach dazu, aber ich möchte und werde es nicht einfach so hinnehmen. Ich meine das nicht im Sinne von „die da oben, alle doof und böse und keiner versteht mich/uns“, um das klar festzuhalten. Da möchte ich auch bitte richtig verstanden werden. Vielmehr geht es in dem Fall um Vertrauen, enttäuschte Erwartungshaltung, ehrliche und offene Kommunikation und die Tatsache, dass man dann letztendlich doch einfach mit bereits geschaffenen Tatsachen konfrontiert wird, das ist extrem bitter und auch frustrierend. Frei nach dem Motto „friss oder stirb“.
Eine meiner besten Erfahrungen dieses Jahr war eine zweitägige Fortbildung, die den schönen Namen „Konstruktive Konfliktlösung“ trägt. Ein Titel, der auf den ersten Blick vielleicht etwas irreführend ist. Denn was für mich am prägendsten war/ist, sind die Erkenntnisse über mich selbst, also mehr der innere Konflikt. Ich habe in dem Seminar extrem viel reflektiert, den anderen zugehört, nach und nach realisiert, auch über mich gelernt und damit die Möglichkeit erhalten mich noch besser auf andere einzulassen und teilweise sogar deren Handeln zu verstehen. Für mich persönlich die wichtigste Übung war die mit den Werten. Dabei ging es darum aus einer Liste mit etlichen Begriffen, es waren bestimmt über 50, die fünf wichtigsten herauszupicken, das war schon Herausforderung genug. Als das endlich vollbracht war und man sich vorerst entschieden hatte, wurden einem durch eine Geschichte, die jetzt zu weit führen würde, nach und nach Werte davon wieder genommen, bis letztendlich ein einziger Wert übrig blieb. Ein einziger Wert, nachdem man Gesundheit, Zufriedenheit und diverse andere wichtige Dinge schmwerzhaft ins Off befördert hatte. Ein einziger Wert, die Quintessenz allen Tuns und damit des Pudels Kern. Was denkt ihr welcher Wert das bei mir war, na? Wenn wir uns kennen oder/und ihr mich bzw. meinen Blog verfolgt, könntet ihr evtl. sogar darauf kommen. Kleiner Tipp, weder BUNT noch LAUT, sind in dem Fall Werte. Ich sag’s bzw. schreib’s euch, es war, ist und wird es immer bleiben „Leidenschaft“. Das ist es, mein täglicher Antreiber, mein Retter in der Not, mein Grund warum ich bin und wofür ich lebe. Auf alles könnte ich verzichten, aus jetziger Sicht, auch wenn ich dabei sogar in der Übung geheult habe diverse Werte abzugeben, aber darauf nicht. So lange ich auch gebraucht habe meinen Weg zu finden und zu gehen, so wohl fühle ich mich in meiner Rolle und mit meinen Aufgaben, zumindest noch. Und auch wenn ich mir sicher bin, dass in zunehmendem Alter Werte wie „Gesundheit“ nicht nur immer mehr an Bedeutung gewinnen werden, sondern auch unerlässlich sind, habe ich mich bewusst für die Leidenschaft entschieden. Ich werde von meinen Kolleg*innen immer wieder als Überzeugungstäter bezeichnet und es ist einfach Fakt, dass ich für die Sache brenne. Das gilt natürlich nicht nur für meine Arbeit, sondern auch und ganz besonders für mein Privatleben. Ich kann NICHTS machen ohne das mein Herz dabei ist, zumindest nicht ohne mich komplett unwohl zu fühlen. Ich mache sicherlich nicht alles richtig und in vielerlei Hinsicht ist da noch einiges an Optimierungspotential. Und damit komme ich auch zum Abschluss meines Beitrages und damit hoffentlich auch ein Stück weit zu etwas mehr Seelenfrieden, auch wenn die Erkenntnis extrem schmerzt, weil sich diese Anekdote problemlos auf ganz viele Situationen und damit auch Entscheidungen adaptieren lässt, bin ich sehr froh, dass ich sie gewonnen habe. Und hiermit kommt dann auch der Moment, wo mir meine Art Leiden schafft.
Wenn man alles runterbricht und man muss sich schlussendlich zwischen zwei Dingen entscheiden, werden sehr häufig diese Faktoren gewinnen Geld, Hass oder/und Macht. Auch oder gerade weil ich der Punk-Community entstamme und für immer Punk (meine Defintiion davon) im Herzen bin, fällt es mir extrem schwer einzusehen, dass ich selbst ein Teil des Kapitalismus (geworden) bin. Ich selbst profitiere davon und das nicht zu knapp. Nur durch den schnöden Mammon kann ich das Leben führen, das ich führe, meiner Familie und mir selbst Sicherheit bieten und deutlich sorgenfreier leben. Ich hätte auch „einfach“ einen sozialen Beruf ausüben können und damit Menschen wirklich helfen, aber ich bin einen aderen Weg gegangen, hab‘ mich einlullen lassen und mich bewusst dagegen entschieden. Versuche aber eben in meinem Umfeld meine Werte hochzuladen und mich nicht um jeden Preis zu verkaufen.
Was ist mit Frieden, was ist mit unserer Umwelt, was ist mit Gleichberechtigung, nicht nur im Sinne des leider bitternötigen Geschlechterkampfs, was ist mit (Nächsten)Liebe, was ist mit dem Tierwohl und all den anderen essentiellen Dingen? Wir alle wissen wie wichtig das alles ist und trotz aller Einsicht, all dem Wissen über die Konsequenzen und der Endgültigkeit des Verderbens sich dagegen zu entscheiden, tun wir es an vielen Stellen trotzdem. Wir wägen ab, kennen sämtliche Argument, zumindest die meisten, sind in den wenigsten Fällen selbstbestimmt und werden auch nicht gezwungen so zu Handeln und doch tun wir es, warum ist das so und ist es das Wert, diesen Preis zu bezahlen, ich denke nicht. Ich denke, dass es extrem wichtig ist für Werte einzustehen und oftmals ist das nicht der bequemste Weg. In dem Sinne, denkt mal über eure/unsere Wert nach, seid und bleibt BUNT und LAUT und was mir extrem wichtig ist, weil ich es lange Zeit nicht war, seid ehrlich zu euch selbst.
eure ma.de
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